Diagnostik
Bereits im Vorschulalter gibt es Anzeichen, die auf eine Legasthenie deuten. Kinder mit grob- und/oder feinmotorischen Schwierigkeiten und Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen sind häufiger betroffen.
Mit Sicherheit festgestellt werden kann eine Legasthenie erst dann, wenn das Kind anfängt, sich mit Buchstaben auseinanderzusetzen, schon in den ersten Wochen können die Schwierigkeiten offenbar werden. Erliest Ihr Kind einfache erste Silben nur mit Mühe, vergisst es, welche Buchstaben welchen Lauten zugeordnet werden, errät es Wörter, so sollten Sie aufmerksam werden. Wenn Sie meinen, dass der Aufwand für die Deutschhausaufgaben zu hoch ist, wenn Sie für Diktate sehr viel und manchmal auch vergeblich lernen, wenn geläufige Wörter auf alle Arten immer wieder verkehrt geschrieben werden, wenn im schlimmsten Fall Deutschhefte und Bücher durch die Räume fliegen, dann ist es Zeit zu handeln.
Legasthene Kinder sind häufig Meister im Verbergen ihrer Schwierigkeiten, weshalb sie es manchmal in der Schule schaffen, lange Zeit nicht auffällig zu werden. Zu Hause üben sie und sind in der Lage, ganze Lesetexte auswendig zu lernen, manche legasthene Kinder prägen sich sogar für eine kurze Zeit vollständige Diktattexte ein, sodass geübte Diktate gut – bis zu Bestnoten – gelingen. Wirklich auffällig werden sie manchmal erst dann, wenn sie erste freie Aufsätze schreiben. Sie als Eltern wissen alleine, wie hoch der Aufwand ist, damit Ihr Kind beim Lesen und Schreiben in der Schule den Anschluss behält. Beachten Sie sich bitte die Empfehlungen der Lehrer für die Hausaufgabendauer, üben Sie nicht stundenlang und beschreiben Sie den Lehrern die Schwierigkeiten genau, die Lehrer werden Sie richtig beraten. Im Zweifelsfall wenden Sie sich gerne unverbindlich an mich. Ich arbeite sehr gerne und gut mit Lehrern zusammen.
Erste standardisierte Rechtschreibtests werden ab Mitte der ersten Klasse angeboten. Ich biete einen solchen Rechtschreibtest an, kann jedoch eine Legasthenie nicht offiziell feststellen. Das liegt daran, dass zur förmlichen Feststellung der Legasthenie die Durchführung eines Intelligenztests gehört. Diese Intelligenztests dürfen nur Kinder- und Jugendpsychologen, Kinder- und Jugendpsychiater oder speziell dafür befugte Lehrer durchführen, als Legasthenielehrkraft habe ich keine Berechtigung dazu. Die Durchführung sowohl des Rechtschreibtests als auch des Intelligenztests ist deshalb wichtig, weil eine Legasthenie offiziell dann anerkannt wird, wenn das Ergebnis des Rechtschreibtests vom Ergebnis des Intelligenztests um eine genau definierte Größe abweicht. Sprich, wenn die Intelligenzleistung eine andere Rechtschreibleistung erwarten ließe.
Wenn ich einen Rechtschreibtest durchführe, kann ich Ihnen jedoch inoffiziell mitteilen, ob eine Legasthenie wahrscheinlich vorliegt.
Im Grunde ist es aber zunächst nicht wichtig, wie die Angelegenheit benannt wird. Wichtig ist zu helfen, sobald die Notwendigkeit dazu besteht, unabhängig davon, ob Ihr Kind auch im offiziellen Sinne Legastheniker ist.
Ich verlasse mich jedoch sehr ungern auf Rechtschreibtests. Die Erfahrung hat gezeigt, dass gerade und besonders legasthene Kinder sehr unterschiedliche Tagesverfassungen haben, die Rechtschreibleistungen schwanken je nach Verfassung stark. Ich kann die Kinder sehr viel besser durch Schriftproben einschätzen. Das ist in den ersten beiden Klassen problematisch, aber manchmal existieren auch dann schon erste freie Texte, die natürlich Fehler haben, auch bei einem nicht legasthenen Kind. Die Unterschiede sind dennoch recht deutlich. Spätestens wenn ich mit Ihrem Kind erste Lese- und Rechtschreibübungen durchführe – natürlich nur gemäß des Niveaus, auf dem es sich befindet – kann ich gut einschätzen, ob ein Förderbedarf besteht oder nicht.
In der Schule wird ab Mitte der vierten Klasse in Verdachtsfällen ein Legasthenietest durchgeführt, dieser besteht aus einem Rechtschreib- und einem Intelligenztest, weichen die Werte dieser beiden Tests um eine definierte Größe ab, gilt Ihr Kind als legasthen. Zusätzlich zu diesem Kriterium wird die gesamte Entwicklung des Schülers betrachtet und danach beurteilt, ob eine Legasthenie vorliegt.
Sobald diese bestätigt werden kann, wird die Rechtschreibleistung in der Gesamtnotengebung nicht mehr berücksichtigt, diese Regelung gilt dann auch für die weiterführenden Schulen. Auch in Fremdsprachen wird diese Regelung berücksichtigt. Die Fehler, die eindeutig auf eine Legasthenie zurückzuführen sind, werden nicht gewertet, was aber Ihr Kind nicht davon enthebt, die Vokabeln zu lernen.
Im Allgemeinen handeln die Schulen so, dass sie, sobald eine Legasthenie bei einem Kind angenommen wird, die Rechtschreibung nicht bewerten, auch vor einem offiziellen Test.
Zu Beginn einer Förderung bei mir rate ich gerne zu einer Feststellung der Legasthenie, wenn das Kind lange vor dem Schultest bei mir angemeldet wird. Natürlich machen die Kinder hier Fortschritte in der Rechtschreibung, teilweise sogar recht rasant, sodass eine Legasthenie nach einer gewissen Zeit bei mir nicht mehr feststellbar ist. Das ist einerseits gut, weil ja das Ziel der Förderung erreicht ist, andererseits steht legasthenen Kindern gerade und besonders auch beim Erlernen von Fremdsprachen der Notenschutz zu. Und auch wenn Ihr Kind gut gefördert ist und fehlerfrei schreibt, kann es immer wieder schlechte Tage haben, dann häufen sich die Fehler. Ohne die Berücksichtigung der offiziellen Feststellung werden solchen Arbeiten durch die schlechtere Rechtschreibung entsprechend schlechter bewertet.
Viele Legasthenien bleiben auch nach einer korrekt durchgeführten Testung unentdeckt. Das liegt an den sehr unterschiedlichen Tagesverfassungen von Legasthenikern und an den gerade für legasthene Menschen manchmal problematischen Intelligenztests. So werden in vielen Tests die Wahrnehmungsleistungen von Ihrem Kind erwartet, aufgrund derer es legasthen ist. Werden räumlich-visuokonstruktive Fähigkeiten abgefragt und Ihr Kind ist von einer Raum-Lage-Unsicherheit und einer visuellen Verarbeitungsschwäche betroffen, wird es in diesen Unterpunkten nicht gut abschneiden, somit sinkt der Gesamt-IQ-Wert und die festgelegte Differenz zur Rechtschreibleistung wird nicht erreicht.
Hat Ihr Kind allgemein Konzentrationsprobleme, wird es auch in Intelligenztests nicht die Leistung erbringen, die dem eigentlichen Vermögen entspricht. Konzentrationsprobleme sind häufig Begleiter von Legasthenien, meistens sind sie durch die Legasthenie bedingt, aber es gibt auch die Fälle, in denen eine Konzentrationsschwäche die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben bedingt.